Diese alten Zöpfe gilt es dringend abzuschneiden!
Schon einmal einen Kurs rum um das Thema Betriebswirtschaft besucht, in dem es um das Thema Gefühle gegangen wäre? In der Ausbildung, spätestens im ersten Job ist man den Glaubenssätzen begegnet wie: „Gefühle sind im Business fehl am Platz!“, „In der Wirtschaft geht es rein um Zahlen, Daten, Fakten!“, „Verhandlungen und Entscheidungen müssen auf Tatsachen basieren, nicht auf Gefühlen!“. Was für alte Zöpfe werden tagtäglich in unseren Unternehmen heute noch geflochten!
Jede Haltung, die wir an den Tag legen, ist Ausdruck eines tiefliegenden, starken Gefühls. Unsere Gefühle sind messbar viel schneller präsent, als unser Verstand! Gefühle regen sich und nehmen auf unser Denken und Handeln Einfluss, bevor wir uns ihrer überhaupt bewusst sind.
Gefühle: evolutionär sinnvoll, aber im Job immer noch verpönt!
Die Kunst ist es – so ein weiterer, beliebter Glaubenssatz – seine Gefühle im Griff zu haben, bevor sie einen im Griff haben. Vielleicht ein gut gemeinter Rat, aber in der Unternehmens-, Mitarbeiter- und Selbstführung ist heute etwas anderes viel wichtiger: die Macht der Gefühle nicht weiter zu unterschätzen und vor allem, mit derer Ausgrenzung endlich Schluss zu machen! Denn Unternehmen können es sich kaum noch finanziell leisten, den Auswirkungen von nicht beachteten oder dauerhaft unterdrückten Gefühlen finanziell zu begegnen und das hat knallharte Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit: Ausfälle, Leistungsminderungen und träge Organisationsentwicklung verursachen bei weitem nicht nur persönliche, sondern nachweisbare, wirtschaftliche Schäden und gehören damit buchstäblich auf die Risikoseite.
Nicht unterschätzen, wer noch mit am Verhandlungstisch sitzt!
Liebe und Angst sind zwei unserer stärksten Gefühle und damit zwei sehr starke Antreiber. Beide können bekanntlich unglaubliche Kräfte freisetzen! Selbst wenn wir diese beiden in beruflicher Hinsicht vermeintlich „im Griff“ haben, so haben sie doch eine Menge Verwandte, wie Vorliebe, Sympathie, Begeisterung, Bedenken oder Befürchtungen. Sie sprechen bei Meetings, bei Entscheidungen und bei der Strategiefindung fleißig mit. Ob wir wollen, oder nicht. Und die haben es in sich: Liebe zum Beruf, Liebe zum erworbenen Status, Liebe zum Erfolg und die Angst denselbigen nicht aufrecht erhalten zu können. Angst, den Status oder das Gesicht zu verlieren, Angst vor Ablehnung, Angst vor Unbekanntem. Wenn die Kündigung auf dem Tisch liegt, die Ablehnung einer Kooperation oder der gelbe Zettel für eine Langzeiterkrankung, ist es zu spät. Der Kollateralschaden ist schon entstanden und kann direkt in der Gewinn- und Verlustrechnung abgebildet werden.
Es ist längst an der Zeit, erst gar keine Schäden entstehen zu lassen!
Wenn die Auswirkungen von Gefühlen bei Mitarbeitern und Führungskräften dem betrieblichen Gesundheitswesen zugeschoben werden, ist das ein vielleicht ein Anfang, aber noch lange keine Unternehmenskultur! Gefühle gehören täglich auf den Arbeitstisch, wie Zahlen und Daten, denn sie sind faktisch! Wenn wir lernen, nicht mehr so zu tun, als wäre das nicht wahr, wenn wir lernen, diese Gefühle wahrzunehmen, sie zu thematisieren und mit ihnen bewusst umzugehen, eröffnet dies Möglichkeiten der zeitgemäßen, authentischen Führung und Selbstführung.
Wissen, wie man dem starken Einfluss von Gefühlen gewahr werden kann
Ständige Verschiebungen, zähe Verhandlungen, endlose Gesprächsschleifen! Liegt da wirklich nur Organisatorisches dahinter? Mitarbeiter auszutauschen, Zuständigkeiten zu verändern, das sicherlich nicht die billigste und am wenigsten nachhaltige Maßnahme! Hinsehen und hinhören ist gefragt! Und daraus Maßnahmen ableiten! Nämlich zum Beispiel aktiv eine Gesprächskultur fördern, die Mitarbeitern und Führungskräften die Möglichkeit gibt, über ihre Gefühle sprechen zu können, ohne belächelt oder ausgegrenzt zu werden. Weiter darauf zu pochen, Gefühle gehörten nicht in den Geschäftsalltag, ist schon lange nicht mehr aktuell.
Nicht gegen, sondern mit Gefühlswahrnehmungen arbeiten, wie soll das gehen?
Mitarbeiter aktiv schulen in der Wahrnehmung von und der Achtsamkeit gegenüber Gefühlen, bevor sie sich durch körperlichen Ausdruck ihren Weg suchen, ist ein Schlüssel dazu. Lernen wir doch, Gefühle in den Unternehmensalltag zu integrieren, anstatt sie zu unterdrücken und auszuklammern! Lernen wir doch, sie zu benennen, ohne Scham und Schüchternheit:
„Ich habe eine schlaflose Nacht hinter mir, darum fühle ich mich müde und unsicher und weiß nicht, ob mein Beitrag im Meeting heute solide sein wird. Meine Befürchtung ist, wir könnten hier einen Fehler machen und das macht mir Sorgen.“
„Ganz offen gesprochen, hätte ich gerne stärkeren Einfluss bei diesem Projekt. Es gäbe mir die Möglichkeit, zu zeigen, dass ich Anerkennung verdient habe. Das fehlt mir schon seit einiger Zeit und die Vorfreude darauf würde mich motivieren!“
„Ich kann mich für diesen neuen Vorschlag nicht begeistern. Diese Veränderung stellt alles in Frage und das verunsichert mich, ärgert mich sogar. Darum bin ich so ablehnend.„
Zeit, dass solche Sätze in unseren Unternehmen möglich werden, anstatt dass Gefühle so lange unterdrückt werden müssen, bis nur noch das Zurückziehen einen Ausweg bietet. Gefühle klar beim Namen zu nennen, ist authentisch, spart Zeit, bringt Klarheit und schafft Erleichterung. Es gibt Unternehmen eine Art seismographisches Frühwarnsystem an die Hand, bevor humane und wirtschaftliche Schäden entstehen. Gewahr werden kann man den Gefühlen, indem man sie achtsam aufspürt, ihnen Raum und Ausdruck gibt und indem man Präsenz zeigt, wenn jemand den Mut hat, seine Gefühle zu äußern. Dazu gehört, dass Vorgesetzte und Kollegen sie in ihrer Kommunikation zulassen und damit verantwortungsvoll umgehen.
Wenn Sie mehr darüber lernen möchten, wie man als Führungskraft eine Unternehmenskultur fördern kann, in der Gefühle eine Rolle spielen dürfen, dann nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf. Ich freue mich auf Ihre Nachricht.
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