Orientierung gleich null? Standortbestimmung schwierig? Akzeptanz, wie denn?
Veränderung ist etwas, was uns stetig umgibt und stetig in uns ist. Sie ist naturgegeben. Aber auch wenn wir wissen, dass alles irgendwann entsteht, wächst und wieder vergeht – das zu akzeptieren, was heißt das? Wenn etwas wunderbar und wohltuend erblüht ist, liegt es näher, es festhalten und bewahren zu wollen. Wenn etwas zerstörerisch zu wuchern beginnt, möchte so mancher es ausrotten und das Wieder-Vergehen möglichst beschleunigen. Veränderung ist manchmal unbequem, fordert Aufmerksamkeit, fordert Entscheidungen und Handeln. Und das macht es nicht jedem leicht, damit klar zu kommen. Wie kann man extreme Pendelausschläge vermeiden, um nicht blind und taub jeder Veränderung kritiklos zu folgen aber sich auch nicht blindwütig und zerstörerisch gegen jede Veränderung aufzulehnen?
Was ganz sicher nützlich ist, ist Mindful Change. Die achtsame Veränderung.
Orientierungspunkte benennen
Wohin soll die Reise grundsätzlich gehen, auch wenn der Sturm tobt? Die Orientierungspunkte zu kennen, woran sich Überlegungen und Entscheidungen ausrichten sollen, um Ziele zu erreichen, ist die Grundvoraussetzung dafür. Achtsamkeit innerhalb der Veränderung walten zu lassen, heißt auch, sich klar zu sein, warum wir hier und heute überzeugt sind, dass uns unsere Orientierungspunkte aus rationaler, emotionaler und ganz konkret körperlicher Ebene Vorteile bringen und welche Ziele wir nicht aus den Augen verlieren möchten. Das bedarf der sorgfältigen Beleuchtung aus verschiedenen Blickwinkeln. Sozusagen mit der Taschenlampe unserer Aufmerksamkeit achtsam mal einzelne Punkte sehr gezielt zu beleuchten und mal mit sehr breit gestreutem Licht, das Ganze sichtbar machen. Und das möglichst ausgewogen im Wechsel.
Standort bestimmen
Kein Navigationsgerät der Welt kann den Weg zum Ziel berechnen, bevor der Standort nicht klar ist! Wo stehe ich, wo stehen wir in Entfernung zu den Zielen? Stehen wir bereits an einem guten Ausgangspunkt oder müssen wir uns zunächst einen Standpunkt schaffen? Stehen wir mit Blick auf unsere Ziele und die Orientierungspunkte gerichtet im Szenario? Oder gibt es drohende Ablenkungen, etwas was oder jemand der zerrt? Stehen wir fest auf unserem Standort oder eher auf wackligen Beinen und sind leicht wieder umzuwerfen? Folgt unsere Aufmerksamkeit den Orientierungspunkten? Stehen wir allein? All diesen Fragen nachzugehen, ist an jedem Punkt des Weges, durch eine Veränderung hindurch, lohnenswert.
Akzeptanz fördern
Es annehmen zu können, dass in einem Veränderungsprozess die Ziele nicht immer auf direktem Weg zu erreichen sind, sondern dass Umwege und Hindernisse in Kauf genommen werden müssen, spielt die entscheidende Rolle. Wenn Ziele sicher definiert sind, die Orientierungspunkte auf dem Weg zum Ziel benannt sind und die Aufmerksamkeit ausgerichtet, dann lassen sich die Aufs und Abs, die Links- und Rechtsausschläge gelassener betrachten. Nicht bei jeder Richtungsänderung gleich das Große und Ganze in Frage zu stellen, sondern achtsam zu bemerken, ob es ein wirkliches Abweichen vom Kurs oder nur eine Kurve auf dem Weg ist, bringt Ruhe und lässt Handlungsfähigkeit bestehen.
Gefühle anerkennen
Auch wenn wir uns gerne lieber an rationalen Überlegungen ausrichten, unseren Plänen und Wegskizzen gerne die harten Fakten, Statistiken kalkulatorische Kosten-/Nutzen- und Chancen-/Risikobetrachtungen zugrunde legen: In jedem Veränderungsmanagement sind es auch die Gefühle, die mit am Steuer sitzen. Ob es ein Zufriedenheitsgefühl ist, das wir vielleicht vermissen, ein Macht- oder ein Ohnmachtsgefühl, ob es Ängste sind, oder das berühmte Bauchgefühl, das uns warnen möchte… Gefühle sind weitaus mehr beteiligt, als uns manchmal vielleicht lieb ist. Sie sind als präzise Messinstrumente im ganzen Regelkreis inneren und äußeren Veränderungsgeschehens gar nicht überschätzbar. Die achtsame Anerkennung von Gefühlen aller Beteiligten in einem Veränderungsprozess hat nichts mit Gefühlsduselei zu tun. Sie ist eine Grundvoraussetzung für die Orientierung, für die Standortbestimmung und die Förderung der Akzeptanz.
Mindful Change Management, das achtsame Umgehen mit Veränderung, zieht all diese Elemente ins Kalkül und setzt sie zueinander in gesunde Balance. Die Zieldefinition, die Standortbestimmung, die Akzeptanzförderung und die Gefühle, die dabei eine Rolle spielen.
Damit sind zumindest die Voraussetzungen geschaffen, um Extreme zu vermeiden und um mit den Wellen von Veränderung zu schwingen, ohne weder sinnlos dagegen zu rudern noch darin unter zu gehen.
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